Stabilitätspakt für Rum und Cachaça

Demnächst wird in einigen Regionen Brasiliens die Zuckerrohrernte beendet werden. Zeit, um zurückzublicken. Brasilien ist für 50 Prozent des weltweiten Zuckerhandels verantwortlich. In der Hauptanbauregion für Zuckerrohr, die für etwa 90 Prozent der brasilianischen Zuckerproduktion steht, wird wohl 2010 weniger geerntet werden, als zunächst erwartet war. 
So stellt sich die Frage, in welche Höhen sich der Zuckerpreis aufschwingt. So ist es kein Wunder, dass die Börse die psychologisch wichtige Marke von 30 Cents unbedingt testen will.

Es gibt einfache Gesetze in der Wirtschaft, die sogar ab und an funktionieren. Adam Smith formulierte 1776 das Postulat der unsichtbaren Hand - den Ausgleichsmechanismus von Angebot und Nachfrage. Es besagt, dass über diesen Mechanismus der Preis am Markt geregelt wird.

Das ist derzeit bei der Preisfindung für Zucker zu beobachten. "Klar, der Zuckerpreis ist hoch, das hat etwas mit der Sorge darüber zu tun, dass die brasilianische Zuckerrohrernte geringer als erwartet ausfallen wird" bestätigt ein Analyst von VTB Capital.

Auf dem abgeschotteten europäischen Markt werden diese Preisveränderungen eher eine untergeordnete Rolle spielen. Allerdings dürften sich die Freunde des Zuckerrohrdestillates mit den Preiserhöhungen auseinandersetzen dürfen.

Je höher der Preis des Zuckers, desto weniger wird Zuckerrohrsaft vergoren und destilliert - es sei denn auch die Erzeugerpreise für Cachaça und Rum steigen ebenfalls.

Der Preisauftrieb für die Konsumenten in Europa könnte nur von einem starken Euro gedämpft werden - nur dann könnten die Kosten für die Destillate im Euro-Raum weniger hoch ausfallen. Für einen starken Euro wird aber auch ein glaubwürdiger europäischer Stabilitätspakt gebraucht - und über den wird gerade verhandelt. Nach dem sich die Kanzlerin schon von Frankreich erweichen lassen hat, steht zu befürchten, dass Cachaça und Rum nun teurer werden.

Ein höherer Cachaça- und Rum-Preis würde den kleineren und mittelständischen Bauern ein höheres Einkommen verschaffen. Dazu muss das Geld aber in die kleineren Brennereien fließen. Ein Industrie-Destillat wird die Erlöse aus der Preissteigerung nur auf einige Betriebe verteilen. Voraussetzung ist aber, dass sich die Preissteigerungen auch am Markt durchsetzen lassen. Sollte der Konsument keine höheren Preise akzeptieren und statt Rum lieber Whisky und Wodka trinken, dann wird auch bald wieder der Zucker billiger - denn es gibt einfache Gesetze in der Wirtschaft, die sogar ab und an funktionieren.

Man darf also - vielleicht auch bei einem Glas Cachaça - die Diskussion um den Euro verfolgen.